Kanguro 350 , Testbericht

Hier kann z.B. die Diskussion Corsaro 1200 vs. Tremezzo vorgesetzt werden.....
Primavera
Morinisti
Morinisti
Beiträge: 159
Registriert: Sonntag 15. Juni 2008, 14:03
Wohnort: Göppingen

Kanguro 350 , Testbericht

Beitrag von Primavera »

Beim Aufräumen habe ich die Übersetzung eines Testberichts der Kanguro 350 "gefunden". Keine Ahnung von wem die stammt :nichtverstehn:

Testbericht Moto Morini 350 Kanguro, La Moto 10/1983,


MOTO MORINI KANGURO 350

Nach der 500 Camel nun die schöne und schnelle 350 Kanguro mit dem klassischen längs eingebauten V-Motor.
Trotz der langen Straßenmaschinentradition hat nun auch Moto Morini die Erfordernisse des Marktes erkannt und eine 4-Takter-Enduro auf der Basis des vielerprobten 2-Zylinder V-Motor gebaut.
Dabei ist es natürlich von Vorteil, daß ein Triebwerk mit glänzender Leistungsausbeute bei gleichzeitiger schmaler Bauweise ideal ist für sicheres Fahren im Gelände.
Die Produktion begann vor wenigen Jahren mit der 500 Camel. Nun folgt ihr nach kurzer Zeit die 350 Kanguro, die somit die Angebotsskala komplettiert und die begeisterten l8-Jährigen zufriedenstellt.

Erscheinungsbild: Klar, gefällig und gut gelungen.

Das Äußere präsentiert sich sehr stilvoll und schlank mit einer gelungenen Anordnung der Anbauten und der stilvolle Motor trägt sein übriges zu dem eleganten Erscheinungsbild bei. Den einzigen ästhetischen Mißklang werfen das vordere, knappe, wenig schützende Schutzblech und die Scheinwerferverkleidung auf, die zusammen etwas wuchtig und wenig flüssig wirken. Man kann zwischen 2 Farben wählen: rot mit weißen Streifen oder weiß mit roten Streifen.
In beiden Fällen hat man eine farbenfrohe und gegen Kratzer, wie sie zum Beispiel durch Zweige verursacht
werden, widerstandsfähige Lackierung.
Die wenig bequeme, weil sehr weiche Sitzbank schließt gut an den Metalltank (wenig Fassungsvermögen) an. Sie bietet zwar zwei Personen Platz, aber nicht genügend um dem Fahrer im Gelände eine ausreichende Bewegungsfreiheit zu garantieren.
Gleich dahinter befindet sich ein praktischer Bügel, unter dem eine ausreichend ausgestattete Werkzeugtasche befestigt ist. Zu bemerken ist, daß ein noch so kleiner Gepäckträger fehlt, so daß man gezwungen ist sein Gepäck auf dem wenig Halt bietenden hinteren Schutzblech zu befestigen. Eine praktische Lösung wäre vielleicht ein verstärktes Schutzblech in der Form eines Gepäckträgers, was wenigstens eine gewisse Vereinfachung des Transportproblems darstellen würde und außerdem die ständigen lästigen Berührungen mit dem Auspuffendrohr verhindern würde. Dieses wird auf der rechten Seite unter dem Seitendeckel hervorgeführt unter dem auch die beiden Krümmer zusammenkommen. Die Schalldämpfung ist gut; nur Schade, daß die Lackierung sehr bald Flugrost zeigte.
Die elektrische Anlage funktioniert mit einer Mini-12-Volt-Batterie die durch eine Wechselstromlichtmaschine aufgeladen wird. Die Leistung ist ausreichend und ermöglicht eine ganz ordentliche Sicht, unter der Voraussetzung allerdings, daß der Motor nicht mit zu niedriger Drehzahl läuft. Andernfalls funktionieren zwar die elektrischen Schaltungen noch, aber das Vorderlicht flackert. Die Instrumente sind auch bei Nacht gut ablesbar und auch recht genau, wenn man das Vibrieren der Zeiger bei hohen Drehzahlen oder in holprigem Gelände berücksichtigt.

Bedienungselemente: Mittelmäßig, funktional.

Am schwarz lackierten Lenker findet man einen praktischen Gasgriff mit parallelen Gaszügen, Brems- und Kupplungshebel mit gummigeschützten Gelenken und die Handgriffe die jedoch nicht sehr anatomisch geformt sind und zudem die Angewohnheit haben zu 'zerkrümmeln' und bemerkenswerterweise die Hände schmutzig machen. Die Bowdenzüge mit Schmiernippeln aus Plastik sind intelligenterweise so verlegt, daß man nicht Gefahr läuft an Ästen oder ähnlichem hängenzubleiben und zu stürzen. Die Tachometerwelle allerdings klemmt es ständig zwischen der Unterseite der Gabelbrücke und ihrer unteren Durchführung ein, so daß irgendein starkes Ausweichmanöver genügt um ihre Funktion aufs Spiel zu setzen.
Die Füße stehen auf robusten, klappbaren Fußrasten mit Rückholfedern, die auch in schwierigem Gelände einen guten Stand bieten. Wenn der Fahrer mit weniger festem Schuhwerk fahren will, braucht er nur die dazugehörigen, mitgelieferten Fußrastengummis aufzustecken und er fährt bequem wie auf einer Straßenmaschine. Die Soziusfußrasten sind umklappbar und am Rahmen befestigt. Sie haben nur die Neigung sich nach unten zu biegen, besonders wenn der Sozius in die Rasten stehen will, zum Beispiel bei einem Hindernis oder wenn er bei längerer Fahrt die Beine strecken will.
Gut gelöst das Bremspedal der Hinterradbremse, obwohl es wegen der notwendigen Einstellschraube höher liegt als die Fußraste. Richtig dagegen die Lage des langen Schalthebels mit einer mechanischen Umlenkung mit vielen Gelenken von der linken auf die rechte Seite, wobei die Feinfühligkeit verloren geht.

Fahrverhalten: Traditionell stramm

Der Rahmen ist ein Einzelrohrrahmen .mit doppelten Unterzügen und abschließendem Dreiecksrohrrahmen. Die hintere Aufhängung ist mit einem Mono-Gasdruckstoßdämpfer von Paioli mit separatem Ausgleichsbehälter ausgestattet. Das Cantilever-System ist dem der Yamaha von vor einigen Jahren sehr ähnlich, das heißt unter dem Tank montiert mit einer starken Neigung nach vorne. Vorne findet man eine schöne Marzocchi-Gabel, deren Lenkkopfwinkel allerdings vielleicht zu groß ist für so ein vielseitiges Motorrad. Auf Racing-Felgen sind Trialreifen von Pirelli montiert während die Naben von Grimeca sind. Die sehr gute Hinterradschwinge ist aus Vierkantrohr. Am linken Schwingenarm ist der Seitenständer befestigt, der außer daß er wenig stabil erscheint eine zu kleine Standfläche hat, so daß er auf nachgiebigem Untergrund zum Einsinken neigt. Praktisch und funktionell der Luftfilterkasten, ebenso wie das Motorschutzschild aus Plastik.

Fahreindrücke: Gelungener Mittelweg zwischen Straße und Gelände

Die Anordnung der Sitzposition ist entschieden auf sitzende Fahrweise ausgelegt, wahrscheinlich auch um die Sitzhöhe gering zu halten und um dem Fahrer eine große Bewegungsfreiheit zu ermöglichen. So weit so gut. Unserer Ansicht nach, müßte die Sitzhaltung aber mehr nach vorne gebeugt sein, damit es dem Fahrer leichter fällt im Gelände in die Rasten zu stehen, vorallem aber, daß er sich nicht schon bei ca. 110 km/h voll dem Fahrtwind entgegenstemmen muß. Das Anspringverhalten ist gut, jedoch ist der Kickstarter in der Ruhestellung ein wenig sperrig. Außerdem kommt man bei ausgeklapptem Seitenständer mit diesem in Konflikt. Der Motor ist sehr elastisch, spurtstark, durchzugskräftig und hängt auch bei einer etwas nervösen rechten Hand bereitwillig am Gas. Die angebotene Leistung ist mehr als reichlich auf einer bemerkenswerten Bandbreite, mit einer großartigen Leistungsaufnahme und einem begeisternden Sound, der von der Auspuffanlage nur zum Teil gedämpft wird.
Die Kupplung ist leicht zu bedienen, aber etwas ruppig. Die Getriebeabstufung ist, wie schon immer bei Morini gut, (6 Gänge stehen zur Auswahl) aber die Gangwechsel sind sehr hakelig. Schuld daran ist die komplizierte Umlegung der Schaltung von rechts nach links, wobei die Feinfühligkeit verloren geht. Wir verstehen nicht, warum es Morini nicht auch bei diesem Enduro-Modell bei der klassischen italienischen Schule, das heißt Schaltung rechts, belassen hat.
Die Gewichtsbelastung ist auf dem Hinterrad höher als auf dem Vorderrad. der Schwerpunkt liegt nicht sehr hoch, aber in losem Untergrund und bei Hügeln braucht es schon ein wenig Kraft das Motorrad hochzureißen. Beneidenswert die Straßenlage: man hat sich in allen möglichen und vorstellbaren Kurven nie verraten gefühlt. Auch nicht bei Tempo 140 auf kleinen gewundenen Sträßchen. ln solchen schwierigen Situationen können versierte Motorradfahrer ein leichtes Schlingern und ein kaum wahrnehmbares Erleichtern des Vorderreifen bemerken. Aber keine Angst, die Straßenlage bleibt perfekt und es handelt sich nur um eine gewöhnungsbedürftige Randerscheinung, die wahrscheinlich an der Weichheit der Dämpfer liegt. Diese verhalten sich ausgezeichnet und sind so abgestimmt, daß sie in allen Fahrsituationen ein gutes Verhalten an den Tag legen.
Die Bremsen dagegen bieten eine enttäuschende Leistung. Die Hintere läßt sich kaum dosieren und außerdem verliert das Hinterrad beim Bremsen leicht den Bodenkontakt, was Stürze provoziert. Die Vordere dagegen ist gut dosierbar, aber für die gebotenen Fahrleistungen ungenügend. Besonders beim Betrieb mit zwei Personen neigt sie zu Fading (warum wurde hier nicht eine Scheibenbremse spendiert ?).
Die Reifen dagegen zeigen sich von einer guten Seite. Sie sind für den Gebrauch auf der Straße und im Gelände
gleichermaßen geeignet. Man erkauft sich dies allerdings mit einer sehr weichen, kurzlebigen Gummimischung, die aber große Sicherheitsreserven bei gutem Handling bietet.
Auf der anderen Seite gilt: 'man kann eben nicht ein volles Faß und ein besoffenes Weib haben‘*).
Zum Schluß ist noch der geringe Benzinverbrauch zu notieren und die spärliche Reichweite (100-120 km im Mittel).

Zusammenfassung: sehr gute Grundkonzeption, wenig entwickelt

Abschließend bleibt zu sagen, daß mit der Morini 350 Kanguro ein vielseitiges Motorrad vorgestellt wurde, mit dem es Spaß macht zu fahren und das auch Abgebrühten mit seinen Fahrleistungen und mit seiner Straßenlage noch Schauer über den Rücken jagen kann.
Schade nur, daß der Rest zwar auf einem akzeptablem Niveau liegt, aber nicht gut genug ist, um gegen die Japaner zu konkurrieren, die einen vielleicht auch ein bißchen verwöhnt gemacht haben.

*) italienisches Sprichwort: non si puo avere la botte piena e la moglie ubriaca
= man kann nicht zwei Vorteile haben, die sich gegenseitig ausschließen.
corsarino
Morinisti
Morinisti
Beiträge: 2416
Registriert: Donnerstag 4. Januar 2007, 09:43
Kontaktdaten:

Re: Kanguro 350 , Testbericht

Beitrag von corsarino »

Primavera hat geschrieben:... 'man kann eben nicht ein volles Faß und ein besoffenes Weib haben‘...
Genau! :mrgreen:
Bild
Antworten

Zurück zu „Wollte ich mal los werden“